Getreideviertel-Oldenburg

Die Entwicklung eines Stadtteils

Bahnlinie Oldenburg-Wilhelmshaven

Die westliche Grenze des Getreideviertels wird von der Bahnlinie zwischen Oldenburg und Wilhelmshaven gebildet. Sie verläuft unmittelbar hinter den Grundstücken auf der Westseite des Koopmannweg. 1975 hat die Stadt Oldenburg einen Entwicklungsplan Ofenerdiek verfasst (Der Oberstadtdirektor, 1975). Hier liegt auf einer Karte der unmittelbar an die Bahnstrecke anliegende Bereich in einer Zone mit 71-65 dB(A). [dB(A) ist eine Einheit, in der im Rahmen der Lärmschutzbewertung der Schallpegel angegeben wird]. Etwa im Verlauf des Koopmannweg ist ein Dauerschallpegel von 65-60 dB(A) zu erwarten. Daran schließt sich ein Bereich mit 60-55 dB(A) an. Die östlichen Grundstücke im Gesteweg und der Rapsweg liegen im Lärmbereich 55-50 dB(A). Im Bebauungsplan von 1982 (Stadt Oldenburg, Bebauungsplan N-549, 1982) wurde die Problematik der Lärmbelästigung durch den Bahnverkehr aufgegriffen. So heißt es „Die Baugenehmigungsbehörde kann bei Neu- und Umbauten zur Auflage machen, dass im Mischgebiet in den der Bundesbahnstrecke zugekehrten Dachflächen und Außenwänden Fenster von Aufenthaltsräumen nur zulässig sind, wenn deren Konstruktion besonders schalldämmend ist.“ Zu bedenken ist, dass wir uns damals in Zeiten der Thermopanescheiben, also dem Aufkommen von Mehrscheiben-Isolierglas bewegen. Heutiges Schallschutzglas ist einen Quantensprung weiter. Im Zusammenhang mit der Ausweisung als allgemeines und nicht als reines Wohngebiet heißt es in den textlichen Ausführungen zum Bebauungsplan weiter: „Auch die Nähe der lärmemittierenden Bundesbahnstrecke Oldenburg-Wilhelmshaven lässt die Ausweisung als reines Wohngebiet nicht als zweckmäßig erscheinen. Dabei muss unter Berücksichtigung der DIN 18005 (1971) davon ausgegangen werden, dass im 40m-Bereich der Bahnstrecke, an dessen Ostgrenze noch ein Dauerschallpegel von ca. 65 dB(A) herrscht, eine Wohnbebauung ausgeschlossen werden muss.“ Im Zuge der Planung des Ausbaus der Bahnstrecke wurde sowohl 2013 als auch 2016 eine Pegelliste erstellt und für jedes Grundstück im Bereich des Getreideviertels die Lärmbelästigung durch die Bahnstrecke festgestellt und damit ein möglicher Anspruch auf Lärmschutzmaßnahmen. Für ein allgemeines Wohngebiet gilt tagsüber ein Grenzwert von 59 dB(A) und nachts von 49 dB(A). Im Koopmannweg sind die Häuser Nr. 41 und 43 mit knapp 50 m Abstand am dichtesten an der Bahn. Hier werden nach Einbau der Lärmschutzwand nachts Lärmpegel von 53 (2016) bzw. 54 (2013) dB(A) erwartet. Im Buchweizenweg sind von den ursprünglichen Häusern die Nummern 9 und 10 mit knapp 30 m sehr dicht an der Bahnstrecke. Hier wird mit Lärmschutzwand nachts ein Pegel von bis zu 65 (2016) bzw. 66 (2013) dB(A) erreicht. In etwa 100 m Entfernung von der Bahnstrecke wird mit Lärmschutzwand der nächtliche Grenzwert eingehalten. Diese Werte wurden von der Deutschen Bahn auf Basis der gesetzlichen Vorgaben errechnet (nicht gemessen!). Zu bemerken ist, dass es sich hierbei um Durchschnittswerte handelt. Ein einzelner Zug kann also durchaus mehr Lärm erzeugen. Die Erschütterungen durch fahrende Züge finden hier keine Erwähnung. Festzustellen ist, dass das Getreideviertel auch nach dem Ausbau der Bahnstrecke mit Lärmschutzwänden weiterhin unter dem Lärm leiden wird. Die Lärmschutzwand wird sicherlich eine Verbesserung des Zustands bringen. Ob dieser Vorteil durch die Zunahme des Schwerlastverkehrs auf der Strecke wieder aufgehoben wird, bleibt abzuwarten. Als die Siedlung gebaut wurde, war der Bahnhof Ofenerdiek noch in Betrieb. Das mag die Akzeptanz des Bahnlärms durchaus positiv beeinflusst haben. Die Zusteige-Möglichkeit in Richtung Innenstadt oder Wilhelmshaven brachte für die Anwohner Vorteile. Seitdem der Bahnhof 1979 geschlossen wurde und die Züge nur noch durchfahren, sind diese Vorteile weggefallen, während der Lärm geblieben ist. Interessant ist, dass bereits 1975 im Entwicklungsplan (Der Oberstadtdirektor, 1975) die Zerschneidung der beiden Teile Ofenerdieks durch die Bahn und die Nachteile der höhengleichen Bahnübergänge angesprochen wird. Es werden Modelle vorgestellt, wie die Problematik der Bahnübergänge am Bahnhof Ofenerdiek und am Karuschenweg gelöst werden könnte.


Autoverkehr

Das Getreideviertel besteht überwiegend aus Sackgassen und ist vom Durchgangsverkehr unberührt (30er-Zone). Der Koopmannweg dient als Zuwegung zu den Sackgassen. Die am meisten befahrene Straße dürfte der Norderdiek sein. Man kann aber sagen, dass das Getreideviertel, was den direkten Autoverkehr angeht, äußerst ruhig ist. Es sind überwiegend Anlieger, die den Koopmannweg und die angrenzenden Straßen benutzen. Allerdings ist die Autobahn BAB 293 mit dem inzwischen zum kompletten Kleeblatt ausgebauten Kreuz Oldenburg-Nord eine Lärmquelle geworden. Ein ständiges Rauschen ist bis in die späten Nachtstunden zu vernehmen, bei Nord- und Ostwind sind die Geräusche sehr viel deutlicher. Einzelne besonders laute Fahrzeuge, wie z. B. Motorräder sind einzeln herauszuhören.


Starkregen

Das Oberflächenwasser im Getreideviertel wird nicht über eine Kanalisation abgeführt. Die Kanalisation ist nur für das Abwasser vorgesehen. Ursprünglich waren zwischen den einzelnen Grundstücken Gräben angelegt zur Führung des Niederschlagswassers im Trennverfahren. Zusätzlich befinden sich an beiden Straßenseiten Entwässerungsrinnen, über die das Oberflächenwasser von den Straßen ebenfalls in die Wasserzüge, die das Getreideviertel umgeben, abgeführt wird. Der östlich des Getreideviertels gelegene Graben führt das Wasser ab in die Wahnbäke. Diese verläuft aus dem kleinen Strehl kommend entlang der Stadtgrenze durch Hilbers Teich Richtung Wahnbek. Sie durchläuft auch den Bereich Krugweg, wo ein neues Gewerbegebiet (Patentbusch) geplant wird. Die Wahnbäke mündet in die Hunte.
Früher konnte ein großer Teil des Regenwassers auf den Grundstücken versickern. Der Rest sammelte sich in den Gräben zwischen den Grundstücken und wurde in die Wasserzüge rund um das Viertel abgeleitet. Inzwischen ist ein Großteil der Grundstücke geteilt und mit weiteren Häusern bebaut worden, d h. die Fläche, auf der Regenwasser versickern kann, wurde erheblich reduziert. Die Wasserzüge müssen in kurzer Zeit sehr viel mehr Regenwasser aufnehmen, als ursprünglich eingeplant. Gleichzeitig wurden im Zuge der weiteren Bebauung die meisten Gräben zwischen den Grundstücken verrohrt um Platz für Zufahrten zu schaffen.

In den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes von 1982 findet sich Folgendes:

Abbildung 17: Auszug aus dem schriftlichen Bebauungsplans von 1982

Das zeigt, dass durch den Bebauungsplan durchaus beabsichtigt war die Versiegelung des Bodens zu begrenzen. Die Realität sieht allerdings anders aus. Trotz der Vorgaben im noch geltenden Bebauungsplan von 1982 hat die Stadt zugelassen, dass nahezu jedes Haus seine eigene Einfahrt hat, so dass zwischen zwei benachbarten Häusern mit Hinterbebauung 4 Einfahrten nebeneinander liegen. Die Wassermassen, die bei einem starken oder länger anhaltenden Regen diese Einfahrten entlang in die Entwässerungsrinnen abfließen, sind erheblich und führen dazu, dass sich das Wasser am Ende der Straße im Bereich der Wendehammer von Gersteweg, Haferweg und Koopmannweg aufstaut und den Wendehammer unter Wasser setzt. Die Starkregengefahrenkarte des OOWV (Zur OOWV Starkregenkarte) zeigt, dass bei intensivem Starkregen in Roggenweg und Haferweg Überflutungsgefahr herrscht (max. 10-30 cm Wasserstand; an einigen Stellen 30-50 cm). Das gilt auch für große Bereiche des Spielplatzes Koopmannweg, besonders entlang des Grabens neben der Zuwegung vom Koopmannweg aus. Dieser Graben dient den südlichen Grundstücken des Gerstewegs als Entwässerungsgraben, kann aber wegen Überfüllung diese Aufgabe nicht wahrnehmen. Bei außergewöhnlichem Starkregen weiten sich gerade diese Gebiete aus. Bei extremem Starkregen ist besonders der Roggenweg von Überflutungen bedroht. Der Wendehammer im Gersteweg ist ebenfalls Überflutungsgefährdet.

Abbildung 18: Wendehammer im Gersteweg nach einem Sommerregen

Viele Nachbarn berichten, dass bei etwas ergiebigerem Regen regelmäßig ihre Grundstücke unter Wasser stehen, weil das Wasser in den vorhandenen Grenzgräben nicht abfließt.
Was könnte hier Abhilfe schaffen?
Es sollten Vorkehrungen getroffen werden, dass das Oberflächenwasser – besonders bei starkem Regen – zurückgehalten wird und nicht unmittelbar in den Wasserzügen landet. Das könnte bereits auf den Grundstücken passieren z. B. durch Auffangen von Regenwasser. Ein Förderprogramm der Stadt Oldenburg soll die Bewohner in Ofenerdiek dazu animieren Regentonnen von mindestens 400 bzw. 800 l Inhalt zu installieren. Das entlastet allerdings nur in sehr geringem Umfang und auch nur, wenn ein Management derart betrieben wird, dass bei Ankündigung von stärkeren Regenfällen, die Tonnen vorab entleert werden um dann den neuen Regen aufehmen zu können. Viel entscheidender ist, dass die Wasserzüge rund um das Getreideviertel regelmäßig gepflegt werden. Damit wird das Volumen,das die Gräben aufnehmen können, erhalten. Erst im Herbst 2022 nach 3 Begehungen mit Vertretern der Stadt Oldenburg, wurden einige Eigentümer des östlichen Grabens aufgefordert, den Graben zu säubern. Optimal wäre ein Regenrückhaltebecken um einen Puffer für zu große Regenmengen zu schaffen. Hier wäre zu überlegen, ob es möglich wäre die Wahnbäke im Bereich des Getreideviertels aufzuweiten. Vor dem Hintergrund der Zunahme von extremem Wettergeschehen durch den Klimawandel wäre das sicherlich eine erstrebenswerte Lösung. Zusätzlich zur Förderung von Regentonnen gib es auch eine Förderung, wenn Boden entsiegelt wird. Die Fördergelder erhält, wer mindestens 10 qm Pflasterung in begrünte Fläche umwandelt. Gleichzeitig werden aber immer noch bei Neubauten großflächige Pflasterungen mit nicht durchlässigen Steinen vorgenommen. Dabei ist selbst wasserdurchlässiges Pflaster keine gute Lösung, da die Wasserdurchlässigkeit durch Verschmutzung schnell abnimmt und das Wasser nach einigen Jahren genauso abfließt wie bei bislang verwendetem Pflaster. Bauwillige müssen verbindlich verpflichtet werden die durch Pflasterung versiegelte Grundstücksfläche möglichst gering zu halten. Bislang ist das Gegenteil ist der Fall. Gerade sind auf ca. 1.000 qm) weitere 3 Häuser gebaut worden unter Ausnutzung jedes Zentimeters alleine für die Häuser. Alle Terrassen, Zuwegungen, Carports kommen zu dieser versiegelten Fläche noch dazu. Auch das Nachbargrundstück ist inzwischen geteilt und die Genehmigung für ein Zweifamilienhaus mit Flachdach und zusätzlich einer Doppelgarage wurde erteilt. Auf 2.000 qm werden am Ende 4 freistehende Häuser und eine Doppelhaushälfte mit der dazugehörenden Pflasterung stehen. Mehr Versiegelung geht nicht mehr.
Und so sah es im Wendehammer Gersteweg am 05.06.2021 aus. Eine Seenlandschaft nach ca. 30 Minuten starkem Regen mit über 30 l pro qm.

Abbildung 19: 05.06.2021 Wendehammer Gersteweg

Über Stunden stand das Wasser auf den Straßen im Getreideviertel. Die Gräben, die das Wasser aufnehmen sollen, waren sofort überfüllt. Zu den Wassermassen durch den Regen kam noch das Wasser aus der Abwasserkanalisation hinzu, das aus den Gullis nach oben sprudelte, so dass ein leichter Fäkalgeruch durch die Straßen zog. Nach dem Abtrocknen konnte man im Wendehammer im Gersteweg Reste von Toilettenpapier finden und es roch tagelang nach Fäkalien. Im Abflussrohr zum Graben (im Wendehammer) hat sich Sand von der Baustelle abgelagert. Es handelt sich hier um ein Rohr das eigentlich hauptsächlich das Regenwasser direkt von der Straße ableiten soll - demnach von der Stadt angelegt worden sein müsste. Die Anwohner, die mehrere Male Vertreter der Stadt vor Ort darauf aufmerksam gemacht haben, bekamen den Hinweis, dass sie sich doch an den OOWV wenden sollten, damit der das Rohr durchspült.
Die Stadt Oldenburg ist aufgefordert hier tätig zu werden. Die Oberflächenentwässerung aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts reicht nicht mehr aus. Es kann nicht angehen, dass die Stadt sich aus der Verantwortung stiehlt und nicht kontrolliert, ob die zur Entwässerung notwendigen Gräben durch die Eigentümer freigehalten werden oder nicht. Durch die rege Bautätigkeit im Viertel gibt es nicht mehr genügend Fläche, auf der sich das Wasser verteilen kann. Wenn man das Volumen der Wasserzüge um das Viertel herum ins Verhältnis setzt zur versiegelten Fläche, dann passt das absolut nicht mehr zusammen.

Abbildung 20: 05.06.2021 Koopmannweg

Hier noch ein Foto vom Koopmannweg kurz vor der Einmündung des Gerstewegs. Hier quert der Wasserzug die Straße und soll eigentlich in Richtung Wahnbäke abfließen (von West nach Ost).
Hier ist zu sehen, dass die Hauseinfahrt rechts bis an die Haustür unter Wasser steht. In der Mitte steht die Zuwegung zum Spielplatz unter Wasser. Links davon – zwischen den hohen Gräsern – ist der Graben zu sehen, der eigentlich das Wasser abführen soll. Das Wasser steht aber so hoch, dass die Straße stellenweise 15 cm unter Wasser steht.


Fluglärm

In den 60er Jahren gab es noch den Nato-Flugplatz auf dem Alexandersfeld. Die südlichen Teile von Ofenerdiek lagen in der Lärmzone II, waren einem Dauerschallpegel von 75 bis 67 dB(A) ausgesetzt. Etwas nördlich der Straße Am Strehl verlief das Ende der Schutzzone II. Der Dauerschallpegel lag im Getreideviertel also knapp unterhalb von 67 dB(A). 2006 wurde der Nato-Flugplatz stillgelegt, womit diese Lärmquelle weggefallen ist.


Infrastruktur

Bereits im Entwicklungsplan Ofenerdiek aus dem Jahr 1975 wurden zwei Verbrauchermärkte (real und WEZ, jetzt Edeka?) in Ofenerdiek erwähnt. Davor gab es einen kleinen Edeka-Laden an der Kreuzung Am Strehl/Ofenerdieker Straße. Dieser Markt ist ebenso wie mehrere kleine Kioske inzwischen verschwunden. Sie konnten in der Konkurrenz durch die beiden großen Verbrauchermärkte nicht überleben. Im Getreideviertel selbst gibt es weder eine Einkaufsmöglichkeit noch ärztliche Versorgung. Für ältere Menschen ohne Auto gibt es nur die Möglichkeit, mit dem Bus ins Stadtteilzentrum zu fahren und dort einzukaufen bzw. den Arzt zu besuchen.